Neuer Anwenderbericht

Optische Infrastruktur ersetzt Kupferkabel am Flughafen Hannover-Langenhagen

Lichtwellenleiter machen den Landeanflug noch sicherer

An den 16 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland lenken rund 2.000 Fluglotsen täglich bis zu 10.000 Flüge. Die Instrumentenlandesysteme (ILS), die auch bei schlechten Sichtverhältnissen einen sicheren Anflug ermöglichen, waren bisher über Kupferkabel vernetzt. Weil diese an vielen Flughäfen durch leistungsfähigere Lichtwellenleiter (LWL) ersetzt werden, müssen die ILS an optische Infrastrukturen angebunden werden. Um eine zuverlässige und leicht zu überwachende Datenübertragung zu gewährleisten, holte die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH den LWL-Spezialisten eks Engel mit ins Boot.

Die DFS ist ein bundeseigenes Unternehmen mit rund 5.500 Mitarbeitern, das von Kontrollzentralen in Langen bei Frankfurt a. M., Bremen, Karlsruhe und München sowie Kontrolltürmen an den internationalen Verkehrsflughäfen sämtliche Flugbewegungen im deutschen Luftraum kontrolliert. Für den Landeanflug haben die Flugzeuge ein sogenanntes Flight Management System an Bord, das in einem Frequenzbereich von 108,10 MHz bis 111,95 MHz mit der ILS-Anlage am Boden kommuniziert. Da eine Landebahn aus zwei Richtungen angeflogen werden kann, sind diese Anlagen in der Regel doppelt vorhanden. Sie bestehen jeweils aus einem Landekurs- und einem Gleitwegsender, DME-Geräten (Distance Measurement Equipment) sowie einem Fernfeldmonitor, der die gesendeten Signale überwacht und die ILS-Anlage abschaltet, wenn sie außerhalb einer definierten Toleranz liegen.

Damit das Personal der DFS jederzeit über den Zustand der ILS-Anlagen an den internationalen Verkehrsflughäfen informiert ist, sind sie an ein bundeweites Fernüberwachungssystem (Navigation Landing System, NLS) angeschlossen, dessen Zentrale sich in Langen befindet. „Dort treffen in regelmäßigen Abständen Statusmeldungen ein, die an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr überwacht werden“, erklärt NLS-Produktmanager Jens Hötger, der seit 2001 bei der DFS ist und die Anbindung der ILS-Anlagen an LWL federführend betreut. Außerdem gibt es noch vier regionale Überwachungszentren, die tagsüber besetzt sind. Sobald in einer ILS-Anlage ein Fehler auftritt, wird dies auf einem Monitor angezeigt. „Dann müssen meine Kollegen sofort reagieren, denn wenn nicht alles einwandfrei funktioniert, darf die Anlage nicht weiter betrieben werden.“

Immun gegen elektromagnetische Störungen

Auf den internationalen Verkehrsflughäfen wurden die Daten der ILS-Anlagen bisher über Kupferkabel übertragen. „Da diese Netze mittlerweile in die Jahre gekommen sind, wollen viele Flughafenbetreiber sie durch leistungsfähigere optische Infrastrukturen ersetzen“, sagt Hötger. Mit LWL lassen sich sowohl hohe Datenraten von bis zu 40 Gbit/s übertragen als auch Entfernungen von 100 km und mehr ohne Weiteres überbrücken. Außerdem wird Licht nicht durch elektrische oder magnetische Störungen beeinflusst, weshalb LWL auch in unmittelbarer Nähe von Energieleitungen oder anderen elektromagnetischen Quellen verlegt werden können. „Selbst wenn ein Blitz in die Verkabelung einschlägt, was gerade bei Flughäfen eine großes Problem darstellt, besteht kein Zerstörungsrisiko für die angeschlossenen Geräte“, so der NLS-Produktmanager.

Hannover-Langenhagen ist der erste internationale Verkehrsflughafen, der kupferbasierte Netze durch eine optische Infrastruktur ersetzt hat und die Signale der ILS-Anlagen über externe Medienkonverter überträgt – am Flughafen München wird dieses Konzept gerade umgesetzt. „Die Leitungen fallen unter die Verantwortung der Flughafenbetreiber, aber wie die Daten von den ILS-Anlagen in das NLS und zu den Fluglotsen in den Kontrolltürmen gelangen, ist unsere Sache“, erklärt Hötger. Für die Datenkommunikation wird nach wie vor die serielle Schnittstelle RS232 eingesetzt. Um die elektrischen Signale der ILS-Anlagen in optische zu wandeln und umgekehrt, waren Medienkonverter erforderlich, die die RS232-Signale gleichzeitig in beide Richtungen übertragen können (Vollduplex-Modus), wobei die Verzögerungszeit nicht größer als 20 Millisekunden sein darf, und den Aufbau einer redundanten Ringtopologie ermöglichen. Ferner sollten sie sich nach dem Plug-and-play-Prinzip in Betrieb nehmen und leicht überwachen lassen.

Nachdem die DFS den Markt sondiert hatte, kamen drei Medienkonverter in die engere Wahl, darunter der d-light 232 von eks Engel. „Wir haben dann von den Herstellern Geräte bekommen und diese auf Herz und Nieren getestet“, sagt Hötger. Bei den funktionalen Prüfungen, die in einer Testumgebung in Langen stattfanden, fiel ein Konverter durch. Daraufhin machten sich die Experten der DFS mit den beiden anderen auf den Weg zum Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg, der zwar noch nicht eröffnet ist, aber bereits über eine optische Infrastruktur verfügt. „Zum Schluss hatte der d-light die Nase vorn, da er sich leichter in Betrieb nehmen ließ, einfacher zu bedienen war und unter dem Strich auch das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis geboten hat.“

Maßgeschneiderte Medienkonverter

Um die Anforderungen der DFS optimal zu erfüllen, wurden die Medienkonverter noch modifiziert. „Die Standardausführungen prüfen zwar, ob die empfangenen Daten gültig sind, aber nicht, ob die gesendeten korrekt empfangen wurden“, erklärt Uwe Ackerschott, bei eks Engel zuständig für den technischen Support. „Deshalb haben wir die Firmware so verändert, dass zusätzlich ein Signal aufmoduliert werden kann, mit dem auch dies überwacht wird. Mit anderen Worten: Wenn das empfangende Gerät keine gültigen Daten bekommt, wird dies dem sendenden gemeldet und dort via LED angezeigt.“ Außerdem wurde auch die Hardware angepasst, damit sich der Status der redundanten Spannungsversorgung der Konverter separat überwachen lässt und der Ausfall einer der beiden Stromquellen sofort signalisiert wird, was die Verfügbarkeit der Datenübertragung nochmals erhöht.

Die elektrischen Signale der Landekurs- und Gleitwegsender, DME-Geräte und Fernfeldmonitore werden jeweils via neunadrige Kupferkabel an einen Medienkonverter übertragen, der sie in optische wandelt und dann an einen Konverter auf der anderen Seite der LWL-Strecke weiterleitet. Dabei trat jedoch ein unerwartetes Problem auf: „Mit Testsignalen funktionierte alles einwandfrei, aber sobald wir die Komponenten der ILS-Anlagen angeschlossen hatten, konnten die Medienkonverter keine Verbindung zueinander herstellen“, so Hötger. Die LWL-Spezialisten von eks Engel gingen der Sache auf den Grund und fanden heraus, dass die Ursache im sogenannten Handshake-Verfahren lag, mit dem gesteuert wird, welches der beiden Geräte gerade kommunizieren darf. Obwohl die ILS-Komponenten bereits das automatische Verfahren (Software-Handshake) nutzen, wurden die Medienkonverter über voll beschaltete serielle Kabel angeschlossen. „Diese Kabel wirkten wie eine Antenne und sendeten Störsignale aus, die von den Konvertern weitergeleitet wurden“, erklärt Ackerschott. „Weil die DFS die seriellen Kabel nicht auswechseln wollte, haben wir bei unseren Geräten die nicht benötigten Kanäle softwaretechnisch abgeschaltet, wonach alles problemlos funktionierte.“

Hochverfügbare Datenübertragung

Die Komponenten der ILS-Anlagen in Hannover-Langenhagen und München sind jeweils über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen an eine Ringleitung angebunden, die um die Landebahnen herum verlegt ist, wobei de Verkabelung in beiden Flughäfen durchweg aus Singlemode-Fasern – sozusagen der Mercedes unter den LWL – besteht. „Die Ringleitungen sind wiederum über Medienkonverter an das Centergebäude in München  beziehungsweise den Kontrollturm in Hannover-Langenhagen angeschlossen, in denen sich jeweils die Schnittstelle in das bundesweite NLS befindet“, erläutert Hötger.

Eine Ringtopologie bietet zusammen mit automatischen Redundanzverfahren eine hohe Netzverfügbarkeit. Die Daten werden immer in beide Richtungen übertragen, wodurch das Netz auch bei einer Unterbrechung der Leitung funktionstüchtig bleibt. Dazu Hötger: „Im Fall des Falles schalten die Medienkonverter so schnell auf den redundanten Pfad um, dass unser Systemmanagement dies gar nicht mitbekommt.“Um die Komponenten der ILS-Anlagen an das NLS anzuschließen, sind jeweils zwei Doppelfasern erforderlich. In den Ringleitungen des Flughafens München standen jedoch nicht genügend Fasern zur Verfügung. „Auch dafür hatte eks Engel eine Lösung parat, nämlich Ausführungen der d-light-Konverter mit BiDi-Technik, die eine Kommunikation in zwei Richtungen über nur eine Faser ermöglicht.“

Für die Datenübertragung stellen Medienkonverter ein Budget (Differenz aus Sendeleistung und Empfangsempfindlichkeit) zur Verfügung, mit dem die Dämpfung der LWL-Strecke überbrückt wird. „Dieser Wert kann im Laufe der Zeit schleichend zunehmen, etwa durch lockere Verbindungselemente, Staub, Schmutz und Feuchtigkeit oder mechanische Beanspruchung“, erklärt Ackerschott. Mit dem Monitoring-System FiberView, das die Konverter der d-light-Familie standardmäßig unterstützen, wird pro Port das Budget einer Strecke im laufenden Betrieb überwacht und nach dem Ampel-Prinzip via LEDs visualisiert. „Das ermöglicht ein vorausschauendes Handeln“, so der LWL-Spezialist. „Denn bei gelb ist die Dämpfung gerade noch im tolerierbaren Bereich, jedoch sollten so schnell wie möglich Maßnahmen eingeleitet werden, um einem Ausfall vorzubeugen“.

Reduzierung der Betriebskosten

Die optischen Infrastrukturen der beiden internationalen Verkehrsflughäfen sorgen jedoch nicht nur für eine zuverlässige Datenübertragung, sondern erleichtern der DFS auch die Arbeit. Ein Beispiel dafür ist das Redundanzverfahren. „Die Kupferleitungen waren zwar doppelt vorhanden, jedoch wurde bei einer Unterbrechung nicht wie jetzt automatisch umgeschaltet, vielmehr mussten unsere Techniker zu jeder ILS-Komponente fahren und die Stand-by-Leitungen manuell anschließen“, sagt Hötger. Ein anderes Beispiel ist die Zustandsüberwachung, die früher ebenfalls viel Zeit kostete. Da die Medienkonverter den Status einer Verbindung via LED signalisieren, lassen sich Probleme im Technikraum der DFS, der im Centergebäude untergebracht ist, erkennen. „Außerdem müssen die Kollegen vom lokalen Systemmanagement nicht mehr regelmäßig ausrücken, um die Leitungen instand zu halten.“

Während in Hannover-Langenhagen nur die beiden ILS-Anlagen der Hauptlandebahn über eine optische Infrastruktur angebunden ist, sind es in München die Anlagen beider Landebahnen. Außerdem werden dort auch Medienkonverter eingesetzt, die Spannungspotentiale übertragen, die zur Synchronisation einzelner ILS-Komponenten dienen. „In der Regel benötigt man pro Anlage acht Konverter, also 16 je Landebahn“, erklärt Hötger. Da in beiden Flughäfen jedoch noch weitere Landeeinrichtungen via LWL angebunden wurden, sind noch zusätzliche Medienkonverter vorhanden.

In Hannover-Langenhagen ist die optische Infrastruktur Mitte 2015 in Betrieb genommen worden und funktioniert seitdem reibungslos. Am Flughafen München ist die Inbetriebnahme bis spätestens Ende Juni 2017 geplant. Als nächstes sollen dann die ILS-Anlagen in Frankfurt a. M. über LWL angebunden werden. Ob und wann es bei den anderen zwölf internationalen Verkehrsflughäfen soweit sein wird, steht noch nicht fest, weil die DFS hinsichtlich der Leitungen von der Entscheidung der Flughafenbetreiber abhängig ist. „Aber  sicherlich werden neben Frankfurt noch weitere Flughäfen folgen“, so Hötger.

14Okt.2019/ Jürgen Stallbommer
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